In Illertissen geht es „Neu beflügelt“ durch die Epochen
Ute und Akira Sagawa haben mit virtuosem Spiel in ihrem Konzert das neu angeschaffte Klavier der Illertisser Pfarrgemeinde St. Martin eingeweiht.
Rund 90 Besucher waren in den Pfarrsaal gekommen, um das Konzert unter dem Motto „neu beflügelt“ zu hören. Es war das erste Mal, das öffentlich auf dem neu angeschafften Blüthner-Flügel im Pfarrsaal von St. Martin gespielt wurde. Die Illertisser Pfarrgemeinde hatte rund 23000 Euro für das gebrauchte Instrument ausgegeben, ein Drittel wurde durch Spenden des Kirchenchors finanziert.
Nun stellte das Klavierduo Ute und Akira Sagawa das Instrument mit einem Querschnitt durch die Epochen vor. Für den „weniger ernsten Teil“ sorgte Literaturfreund Peter Gatty mit humoristischen Texten über das Klavierspiel.
Das Spiel des Duos geht nathlos ineinander über
Mit der Klaviersonate in B-Dur von Wolfgang Amadé Mozart (1756 bis 1791) eröffneten Ute und Akira Sagawa das Konzert. Schon das erste Stück zeugte vom ausgewogenen Klang des neuen Flügels und dem großen Können des Duos. Mit ihrem differenzierten Vortrag, etwa von lyrischen Passagen mit lebhaften Einwürfen ersten Satz „Allegro“ oder der über einer dunklen Begleitung schwebenden Melodie im zweiten („Adagio“), vermochten sie den Eindruck von zwei klingenden Instrumenten zu erwecken. Dagegen wirkte im „Molto presto“ ihr nahtlos ineinandergreifendes Spiel mitunter wie von einem einzigen PianisteWie im vorgetragenen Gedicht von Wilhelm Busch schienen die Pianisten den Flügel in allen Facetten erproben zu wollen – anders als in dem Text gelang ihnen das auf kunstvolle Art. Auch in den Chorälen Johann Sebastian Bachs (1685 bis 1750), hier für vier Hände arrangiert. Weiterhin, so zitierte Gatty aus „Prof. K. Lauers Musiklexikon“, komme es beim vierhändigen Klavierspiel neben technischer Perfektion auf die Organisation an. Wie dies in der musikalischen Realität funktioniert, stellten Ute und Akira Sagawa bei „Wohl mir, dass ich Jesum habe“ virtuos unter Beweis.
Grundlage der Improvisation von Akira Sagawa bildete das aus dem Publikum vorgeschlagene „Summertime“ von George Gershwin (1898 bis 1937). Sagawa ging voll und ganz in der gestellten Aufgabe auf. Er wechselte durch alle Lagen zwischen lebendigen und ruhigen Passagen, hell klingenden Akkordbrechungen, vollen Klängen und Jazz-Akkorden.
Der neue Flügel ist allen Epochen gewachsen
Dass der Flügel auch romantischer Literatur gewachsen ist, zeigte das Duo mit der Fantasie in f-Moll von Franz Schubert (1797 bis 1828). Die Pianisten bewiesen wortwörtlich großes Fingerspitzengefühl, indem sie das Thema, das sich durch alle Sätze zieht, mit feinsten Abstufungen in immer wieder neuem Charakter erklingen ließen: spielerisch, perlend oder spitze Klänge in der Oberstimme, dazu ein geheimnisvolles Murmeln in der tiefen Lage.
Bei Johannes Brahms’ (1833 bis 1897) Variationen über ein Thema von Haydn waren nochmals alle aufzubietenden Klänge versammelt. Das Duo reizte das Volumen des Flügels aus, wobei die einzelnen Melodielinien präzise herausgearbeitet waren, sich aber gleichzeitig organisch ineinander fügten. Damit standen sie dem Klangbild eines großen Orchesters, wofür ebenfalls eine Bearbeitung existiert, in keiner Weise nach.
Hedwig Oschwald, Illertisser Zeitung, 29.10.2019